Murnau: Von Mooren, Malerei und Märschen

23.09.2021

Reiseziel in der Zugspitzregion – eingebettet zwischen Bergen und Seen

Gruselig und spannend: Die Abenteuer der legendären „Fünf Freunde“ Bücher haben mein Bild vom Moor geprägt. Wabernde Nebelschwaden liegen über einer kargen Landschaft und an jeder Ecke lauert die Gefahr. Blicke ich auf das Murnauer Moos, so sieht die Realität wohl etwas anders aus… Neben diesem größten zusammenhängenden Moorgebiet Mitteleuropas hat die Stadt in der Zugspitzregion so viel Abwechslung zu bieten, dass sie zu jeder Jahreszeit erholungssuchende Urlauber lockt. Natur- und Kulturliebhaber kommen hier gleichermaßen auf ihre Kosten.

Murnau Münterhaus
Hier lebte Gabriele Münter mit ihrem Malerkollegen Wassily Kandinsky © pwmotion/stock.adobe.com

Allein die Lage dient als Werbung: Rund 70 Kilometer entfernt vom quirligen München, umrahmt von beeindruckenden Berggipfeln und mit drei beschaulichen Seen in unmittelbarer Nachbarschaft, hat die Kleinstadt schon früh Maler und Schriftsteller inspiriert. Der legendäre Nosferatu Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau wählte nach einer Reise den Ort gar als Nachnamen. Andere Künstler fanden direkt eine neue Heimat: Gabriele Münter erwarb 1909 ein Haus, welches heute als Museum betrieben wird und Einblicke in ihr Leben und Schaffen gewährt. Hier lebte sie zeitweise mit ihrem Partner Wassily Kandinsky. Die Expressionisten Franz Marc, Marianne von Werefkin, Alexej Jawlensky und August Macke zählten zu den avantgardistischen Besuchern. Eine fruchtbare Zusammenarbeit, die dort im Herbst 1911 zu den Planungen zum weltberühmten Almanach „Der Blaue Reiter“ führte.

Anregungen für seine Werke fand auch der Schriftsteller Ödön von Horváth. Der Sohn eines ungarischen Diplomaten verbrachte viele Jahre in Murnau. Hier entstand unter anderem sein bekanntestes Buch „Geschichten aus dem Wiener Wald“. Eine Dokumentation zu seinem Leben sowie eine Dauerausstellung mit Werken seiner malenden Kollegen befindet sich im Schlossmuseum mitten im Ortskern. Wer sich auf eine individuelle Spurensuche begeben möchte, kann auf zwei Themenwege die unterschiedlichen Pfade der Künstler nachvollziehen und lernt so eine ganz andere Seite Murnaus kennen.

Ob nun die expressionistischen Maler oder die schimmernden Seen Paten für den Regionsnamen „Blaues Land“ waren, lässt sich nicht nachvollziehen. Denn die Natur hat eine ebenso große Anziehungskraft auf die Besucher wie die Kultur. Zahlreiche Wanderwege durch die bergige Landschaft warten in unterschiedlichen Längen und Schwierigkeitsgraden auf Spaziergänger und Sportler. Beinahe ebenso viele Routen bieten sich Fahrradfahrern und Mountainbikern. Damit auch die Pausengestaltung bei aller Aktivität nicht zu kurz kommt, laden urige Restaurants mit regionaler Küche und geselligen Biergärten. Brauereien, Imkerei, Kaffeerösterei und Schokoladenmanufaktur bieten Schlemmermäulern kulinarische Führungen inklusive Verkostung hauseigener Produkte.

Zu guter Letzt wollen wir ja noch Enid Blytons zauberhafte Kinderbuchwelt überprüfen. Auf 32 Quadratkilometern streckt sich das nach der letzten Eiszeit entstandene Murnauer Moos durch die Gegend. Unheimlich scheint es so gar nicht. Das Moor ist von zahlreichen kleinen Bächen durchflossen, im Herbst locken Streuobstwiesen mit prallen Früchten, biegsame Gräser und üppige Sträucher bieten seltenen Vögeln, Amphibien und Reptilien den nötigen Schutz. Hier wimmelt es allerorts vor Leben. Kein Wunder, da zwei Drittel der Fläche als Naturschutzgebiet ausgewiesen sind. Auf einem Rundwanderweg können sich Urlauber von der Faszination der einzigartigen Landschaft überzeugen, ganz ohne Gruselfaktor, dafür mit jeder Menge Entdeckergeist.

Catrin Junker

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